Gelungene Veranstaltung zu Biodiversität in Dehrn

Blüh­flä­chen, Wege­rän­der, Insek­ten und die Rol­le der Land­wirt­schaft, all das wur­de lei­den­schaft­lich dis­ku­tiert bei der Podi­ums­dis­kus­si­on, zu der der Kreis­ver­band Bünd­nis 90/Die Grü­nen nach Dehrn ein­ge­la­den hat­te. Der Kreis­bau­ern­ver­band war mit sei­nem Vor­sit­zen­den Mar­co Hepp und Rolf Radu ver­tre­ten, für die Grü­ne Land­tags­frak­ti­on war Hans-Jür­gen Mül­ler, ein­zi­ger Land­wirt im Hes­si­schen Par­la­ment, aus Wies­ba­den ange­reist. Zahl­rei­che Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der Umwelt­ver­bän­de sowie vie­le Inter­es­sier­te füll­ten das Bür­ger­haus an der Lahn.

„Der Erhalt der Bio­di­ver­si­tät braucht den Ein­satz aller und des­we­gen dür­fen wir nicht auf­hö­ren mit­ein­an­der zu spre­chen, auch und gera­de dann, wenn es schwie­rig wird,“ sag­te Anke Föh-Harsh­man, die den Abend mode­rier­te. Die Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­te plä­dier­te dafür, ver­här­te­te Fron­ten auf­zu­bre­chen und gemein­sam an kon­struk­ti­ven Lösun­gen zu arbei­ten. „Lösun­gen kön­nen nur gemein­sam gefun­den wer­den, wenn wir wol­len, dass sie am Ende auch umge­setzt werden.“

Mar­co Hepp beton­te die grund­sätz­li­che Bereit­schaft der Land­wir­te im Kreis, sich der Ver­ant­wor­tung für zukünf­ti­ge Gene­ra­tio­nen zu stel­len. Er warb jedoch um Ver­ständ­nis für die wirt­schaft­li­chen Bedürf­nis­se der Betrie­be und for­der­te die Bevöl­ke­rung auf, die Bemü­hun­gen der Land­wir­te um mehr Nach­hal­tig­keit wert­zu­schät­zen. Die meis­ten sei­ner Kol­le­gen leg­ten bereits Blüh­strei­fen an, redu­zier­ten Pes­ti­zid- und Her­bi­zid­ein­sät­ze. Zudem gebe es das Phä­no­men der rie­si­gen Stäl­le im Land­kreis Lim­burg-Weil­burg nicht. Immer grö­ße­re Flä­chen­ver­lus­te mach­ten den Land­wir­ten das Leben nicht leichter.

Der frü­he­re Vor­sit­zen­de von Bio­land Deutsch­land und jet­zi­ge Grü­nen-Abge­ord­ne­te, Hans-Jür­gen Mül­ler, sprang sei­nem Kol­le­gen bei und erläu­ter­te, dass täg­lich 60 Hekt­ar Land aus der Nut­zung für Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on her­aus­fie­len, für Stra­ßen, Häu­ser und Gewer­be. Das erhö­he den wirt­schaft­li­chen Druck erheb­lich. Die­ser Pro­zess tra­ge zum Ver­lust von Bio­di­ver­si­tät bei. Die Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher nahm Rolf Radu, der in Weil­müns­ter mit sei­ner Fami­lie einen Deme­ter-Betrieb führt, mit in die Ver­ant­wor­tung. Vie­le woll­ten regio­na­le und nach­hal­tig pro­du­zier­te Nah­rungs­mit­tel, kauf­ten dann aber Bil­lig­wa­re aus dem Aus­land. Das sei für vie­le Kol­le­gen ein Pro­blem und führ­te dazu, dass eini­ge es sich zwei Mal über­leg­ten, auf Bio umzu­stel­len. Sei­ne Fel­der und Wie­sen in Ernst­hau­sen sei­en bunt, sein Betrieb sei ein Bei­spiel für funk­tio­nie­ren­de Kreislaufwirtschaft.

Ver­tre­ter der Umwelt­ver­bän­de for­der­ten deut­li­che­re Schrit­te von­sei­ten der Land­wir­te und ver­wie­sen auf aus­ge­räum­te Feld­flu­re, die zu feh­len­dem Nah­rungs­an­ge­bot für Insek­ten, Igel und Vögel füh­re. Es müss­ten bes­se­re Ver­net­zun­gen von Blüh­bio­to­pen geschaf­fen wer­den, bei­spiels­wei­se durch Pflan­zung von Vogel­schutz­he­cken und den Ver­zicht auf Mul­chen, was zur Ver­nich­tung von Kleinst­le­be­we­sen führe.

Mül­ler ver­wies auf die Bedeu­tung von Neo­ni­ko­tin­o­iden und ande­ren Pes­ti­zi­den, die die Insek­ten­po­pu­la­tio­nen nach­hal­tig schwäch­ten und über die Jah­re hin­weg nach­weis­lich zum Arten­schwund bei­getra­gen hät­ten. Zudem warn­te er vor einer Geset­zes­vor­la­ge zur „neu­en Gen­tech­nik“, die dem­nächst im EU-Par­la­ment ein­ge­bracht wer­de. Für Ver­brau­cher fal­le die Kenn­zeich­nungs­pflicht weg und für die Land­wir­te ent­stün­den neue Abhän­gig­kei­ten von den vier gro­ßen Agro­che­mie-Unter­neh­men, die die Märk­te welt­weit beherrsch­ten. Mül­ler warn­te, dass „die Nutz­nie­ßer die­ses Geset­zes­vor­ha­bens „defi­ni­tiv nicht die Land­wir­te“ seien.

Auch der frü­he­re Lei­ter des Amtes für länd­li­chen Raum und Umwelt, Karl Eck­art Mas­kus, warn­te vor der zuneh­men­den Glo­ba­li­sie­rung bei der Erzeu­gung von Nah­rungs­mit­teln und beton­te, dass nur durch nach­hal­ti­ge und regio­na­le Wert­schöp­fungs­ket­ten die­sem Pro­zess ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den könne.

Auf die Bedeu­tung von pri­va­ten Gär­ten für den Erhalt der Bio­di­ver­si­tät ver­wies eine Teil­neh­me­rin. Sie plä­dier­te für mehr Mut zur Natur und zu einem Umden­ken bei der Aus­wahl von Pflan­zen hin zu Wild­ge­höl­zen und stand­ort­ty­pi­schen Wildkräutern.

„Die Ver­an­stal­tung macht deut­lich, wie groß das Bedürf­nis ist, sich aus­zu­tau­schen und unter­schied­li­che Posi­tio­nen zu ver­ste­hen“, so Föh-Harsh­man. „Wir wol­len auch zukünf­tig Räu­me der Kon­struk­ti­vi­tät schaffen.“